Hat sich eigentlich mal jemand Gedanken darüber gemacht, dass der rheinland-pfälzische Geniestreich, auf Wahlzetteln den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ und die Anzahl der Frauen auf den Wahllisten der Parteien abdrucken zu wollen, bei den Wählern auch Reaktanz auslösen könnte, also auf Deutsch: Trotz? Beabsichtigt dürfte das nicht sein. Aber in diesem Fall könnten Parteien mit mehr Frauen auf den Listen sogar mit einem Minus zurückbleiben, wenn es nämlich eine erhebliche Zahl von Wählern geben sollte, die zwar nichts gegen Frauen in der Politik, aber etwas gegen Bevormundung haben. Zumal Bevormundung in einem Bereich, von dem schon in der Verfassung steht und in der Grundschule gelehrt wird, dass er frei von Bevormundung sein muss.

Der Mangel an politischer Bildung unter Politikern ist ungefähr genauso bedauerlich wie der Mangel an Medienkompetenz unter Medienleuten. Was hat der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ da zu suchen? Da steht in der Tat „gleichberechtigt“ im Grundgesetz, nicht „überall zu gleichen Anteilen vertreten“. Eigentlich ist es nicht schwer zu verstehen, was Markus Linden in der FAZ schrieb:

Dass Vertretungskörperschaften sich nicht mit den deskriptiven Merkmalen der Bevölkerung decken, ist Ausdruck des Wahlakts. Man müsste sonst losen.

Und das gilt nicht nur für Vertretungskörperschaften; man erwartet eine repräsentative Besetzung ja auch z.B. von Unternehmen. Es müsste also alles, was irgendwie eine Institution, eine Organisation, eine organisierte, abgrenzbare soziale Struktur ist, durch eine Auslosung aus der Gesamtbevölkerung besetzt werden. Und in einem nächsten Schritt müsste man, damit man niemanden lookistisch, klassistisch oder sonstwie-istisch kränkt und ausschließt, auch den Lebenspartner zufällig auswählen. Solange das nicht umgesetzt ist, gibt es keine Gleichstellung. Deswegen betonen Feministinnen permament, dass es ja für sie noch so viel zu tun gebe. Leider geben sie damit auch all denen zu tun, die eine staatlich erzwungene Totalrandomisierung der Gesellschaft, kurz, einen Schwachsinnstotalitarismus, ablehnen.

Das passive Wahlrecht ist ein Recht, keine Pflicht. Wenn eine Partei weniger Frauen aufstellt, so suggerieren die vorgesehenen Wahlzettel, vergehe sich diese Partei an den Rechten der Frauen. Eine schwere Anschuldigung, die natürlich nicht bewiesen wird, die in diesem Kontext, auf dem Wahlzettel, ja noch nicht einmal einen identifizierbaren Absender hat, sondern einfach wie eine ewige Wahrheit im Raum steht. Wenn nachgewiesen wäre oder es zumindest Indizien dafür gäbe, dass Frauen bei den Parteien Schlange stehen und nicht aufgenommen oder nicht zur Wahl aufgestellt würden, wäre das etwas anderes; dann könnten sie dagegen klagen, und dann würde das mal geklärt. Oder noch besser: Sie könnten eine Frauenpartei gründen, und alle Frauen, 50 Prozent der Gesamtwählerschaft, die sonst von der Parteienlandschaft ausgeschlossen sind, könnten den Männerparteien mal zeigen, was ’ne Harke ist.

Aber das passiert nicht. Die Indizien sehen eher so aus:

Moritz Petry, 38, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Irrel in der Südeifel […] wird Kandidatinnen suchen, aber nur Männer finden. „Wir nehmen schon jetzt jede Frau mit Kusshand auf die Liste“, sagt der Christdemokrat. Jedoch sei der Wunsch der Bürgerinnen, nach Feierabend in muffigen Gemeindehallen stundenlang über Flächennutzungspläne von Gewerbegebieten zu debattieren, leider begrenzt.

Meiner auch, nebenbei bemerkt. Es ist wirklich ok, Frauen, wenn ihr darauf keinen Bock habt. Das kann euch keiner vorwerfen. Den Männern allerdings auch nicht.

Es wäre aber verfehlt, bei dem Gedanken an mögliche Reaktanz bei den Wählern Schadenfreude zu empfinden, denn auch solche Wähler würden nach sachfremden, politikfremden Kriterien abstimmen. Den Schaden hätte auch dann die Demokratie. Es ist bemerkenswert, dass die Initiatorinnen daran überhaupt nicht gedacht haben. Sie müssen entweder davon ausgehen, dass alle Wähler bereits stramm feministisch sind, so dass sie die Botschaft ganz im Sinne der Urheberinnen interpretieren, oder dass sie sich stumpf und willenlos in die Kladde diktieren lassen, wie sie über Politik denken und wen sie wählen sollen. Die Annahme, es mit stumpf-willenlosen Leuten zu tun zu haben, führt ja auch immer wieder zu Vorstellungen wie derjenigen, dass Menschen ihre Einstellungen zu Frauen, zum Universum und zum ganzen Rest eins zu eins aus Hollywoodfilmen übernehmen. „Die Leute“ glauben schließlich „den Medien“. Nur man selbst nicht.